10.04.2019

Verkaufsoffene Sonntage: Überwiegende Mehrheit der Händler verzeichnet enormes Einnahmen-Plus

Verkaufsoffene Sonntage haben für die Händler in Baden-Württemberg laut einer Umfrage eine enorme Bedeutung.

„Angesichts der Transformation im Handel, der steigenden Einkäufe gerade am Sonntag im E-Commerce und der sinkenden Attraktivität der Innenstädte sind wir der Ansicht, dass ein bis drei verkaufsoffene Sonntage im Jahr im Interesse aller im Handel Tätigen zumutbar sind“, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW), Sabine Hagmann. In der Umfrage hat sich zudem eine große Mehrheit der befragten Händler für eine Lockerung beziehungsweise komplette Abschaffung der derzeitigen Anforderungen an den Anlassbezug eines verkaufsoffenen Sonntags ausgesprochen.


In der Blitzumfrage des Verbands bei etwa 150 Einzelhändlern gaben knapp 70 Prozent der Befragten an, an einem Verkaufsoffenen Sonntag deutliche Mehreinnahmen zu verzeichnen. „Für mich ist der verkaufsoffene Sonntag der umsatzstärkste Tag im ganzen Jahr“, schreibt ein Händler. Ein anderer betont: „Der verkaufsoffene Sonntag ist ein wichtiges Marketinginstrument nicht nur für diesen Tag, sondern auch, um sich neuen Kunden überhaupt zu zeigen und zu präsentieren.“
HBW-Hauptgeschäftsführerin Hagmann verdeutlicht angesichts der Umfrageergebnisse: „Wir brauchen diese Flexibilität an Sonntagen, an denen übrigens am meisten im Netz gekauft wird – aber vom Sofa aus!“


Einig waren sich die befragten Händler auch beim Thema Mitarbeitergewinnung. Knapp 70 Prozent gaben an, dass es „überhaupt nicht schwierig“ sei, Mitarbeiter aus dem eigenen Haus zu finden, die sehr gerne an einem Verkaufsoffenen Sonntag arbeiten wollen. „Teilweise können sich die Händler vor Bewerbungen nicht retten“, sagt Hagmann, „Sonntagsarbeit bedeutet für die Mitarbeiter eine ordentliche Gehalts-Zulage, und für die im Handel tätigen Frauen ein Arbeitstag, an dem die Kinder gut versorgt sind.“


Die Gewerkschaft ver.di führt seit Jahren einen erbitterten Streit mit einigen Kommunen in Baden-Württemberg um verkaufsoffene Sonntage. Kürzlich hat das oberste Verwaltungsgericht im Land, der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim, in Ludwigsburg zwei von der Stadt genehmigte Sonntagsverkäufe verboten – nach einer Klage von ver.di.


Konkret ging es in Ludwigsburg um Veranstaltungen, die im Frühjahr und Herbst stattfinden sollten. Dort gibt es regelmäßig eine Oldtimer-Sternfahrt, die auf dem Parkplatz eines großen Einkaufszentrums beginnt – aus diesem Anlass durften auch naheliegende Märkte öffnen.
Die Richter urteilten nun: „Veranstaltungen können nur dann Anlass einer sonntäglichen Öffnung von Verkaufsstellen sein, wenn sie selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen.“ Sie dürften nicht gegenüber der Sonntagsöffnung in den Hintergrund gedrängt werden. „Reine Alibiveranstaltungen sind unzulässig, die lediglich dazu dienen, einen Vorwand zu schaffen“, urteilten die Richter.

Der Handelsverband spricht sich seit Jahren ausdrücklich dafür aus, den Anlassbezug für verkaufsoffene Sonntage zu streichen, denn diese Bezugnahme ist unklar und mit der Rechtsprechung dazu ist jegliches Event in dieser Richtung auch unkalkulierbar und nicht planbar.

In Baden-Württemberg hat der Gesetzgeber bereits 2007 die Anforderungen an den Anlassbezug bei verkaufsoffenen Sonntagen gesenkt. „Mittlerweile sind jedoch von Seiten der Rechtsprechung in Auslegung der Gesetze deutlich höhere Hürden aufgestellt worden, als vom Landesgesetzgeber beabsichtigt und von den Beteiligten leistbar“, so Hagmann. Das führe dazu, dass verkaufsoffene Sonntage kaum noch planbar sind und die aktuelle Gesetzgebung in manchen Kommunen einem Berufsverbot für den Handel an den eigentlich drei zulässigen Sonn- und Feiertagen ähnelt. „Dies war jedoch nicht im Sinne des Gesetzgebers und ist vor dem Hintergrund der schwierigen Lage des mittelständischen Handels und dem Ausbluten der mittleren und kleinen Innenstädte nicht sachgerecht.“


Vor allem aber sei ein Verbot verkaufsoffener Sonntage auch anlässlich der Digitalisierung ganz offensichtlich nicht mehr zeitgemäß und zerstöre den Mittelstand. Danach verzeichne der Internethandel vor allem am Sonntag die höchsten Umsätze. „Damit stellt das Ladenöffnungsgesetz faktisch eine Ungleichbehandlung von stationärem und Online-Handel dar“, betont Hagmann und ergänzt: „Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, sind drei verkaufsoffene Sonntage „ohne Wenn und Aber“ nicht zu viel Zugeständnis an eine Branche, in der in Baden-Württemberg 500.000 Mitarbeiter beschäftigt sind.“


Dieser Meinung ist auch die Mehrheit der befragten Händler. Mehr als 65 Prozent plädierten dafür, den Anlassbezug komplett zu streichen oder zumindest deutlich zu lockern.

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