Recht:
Neues Kaufrecht ab 01.01.2022
Am ersten Januar treten im deutschen Kaufrecht etliche Änderungen in Kraft. Diese gelten insbesondere für den Verbrauchsgüterkauf (B2C), wirken sich aber auch im B2B-Geschäft aus. Alle Unternehmen innerhalb der Lieferkette sollten noch bis Jahresende ihre Verträge und AGB prüfen und entsprechend überarbeiten. Hierbei ist gegebenenfalls zwischen verschiedenen Produkttypen zu differenzieren, je nachdem, ob es sich um analoge Waren, Waren mit digitalen Elementen oder rein digitale Produkte handelt. Die wichtigsten Elemente der Reform sind:
- die Einführung einer Ware mit digitalem Inhalt in den §§ 475b ff. BGB-neu inklusive einer Aktualisierungspflicht,
- die Neuregelung des Sachmangelbegriffs in § 434 BGB-neu,
- allgemeine Änderungen im Verbrauchsgüterkaufecht,
- die Verlängerung der Beweislastumkehr in § 477 BGB-neu,
- neuer Vertragstyp für digitale Produkte in den §§ 327 ff. BGB-neu.
Neuerungen im Wettbewerbsrecht - New Deal for Consumers
Neues gibt es ab Mai auch im EU-Wettbewerbsrecht. Es betrifft vor allem den Onlinehandel und heißt „New Deal for Consumers“.
Künftig müssen Kriterien für Produktrankings offengelegt werden und die Authentizität von Kundenbewertungen (hat der bewertende Käufer das Produkt tatsächlich gekauft oder genutzt) ist sicherzustellen.
Die Widerrufsbelehrung im Fernabsatzhandel ist anzupassen (Wegfall Faxnummer, Angabe Telefonnummer verpflichtend). Die Vermarktung identischer Produkte mit unterschiedlicher Qualität wird untersagt (Dual Quality-Verbot).
Bei Preisermäßigung ist der vorherige niedrigste Preis anzugeben, den der Händler vor der Ermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat. Auf personalisierte Preise ist hinzuweisen.
Onlinemarktplätze und Vergleichsportale müssen künftig transparent machen, ob der Anbieter auf der Plattform Unternehmer oder Privatverkäufer ist.
Bereits zum 1. Januar gibt es Neuerungen für den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet. Für digitale Produkte und Dienstleistungen sowie für Waren mit integrierten digitalen Elementen haben Händler dann eine Update-Pflicht. Neu ist auch die Verlängerung für Gewährleistungsrechte inklusive eines neuen Sachmangelbegriffs und eine längere Beweislastumkehr für Mängelhaftung (ein Jahr statt bisher sechs Monate).
Außerdem ist Verbrauchern ab 1. Juli die Kündigung von online abgeschlossenen Verträgen über einen Kündigungsbutton zu ermöglichen. Ab 1. März dürfen Verträge über regelmäßige Warenlieferungen und Dienstleistungen nur noch auf unbestimmte Zeit und mit Kündigungsfrist von einem Monat automatisch verlängert werden.
Gesetz für faire Verbraucherverträge wird umgesetzt
Die Rechte von Verbraucher stehen beim Faire-Verbraucherverträge-Gesetz im Fokus. Die darin verankerten Regeln betreffen unter anderem ab 1. März 2022 Vertragsverlängerungen von Dienstleistungen wie Fitnessstudios oder Zeitschriften-Abos. Um Kündigungen zu erleichtern, müssen Unternehmen bis Juli einen Kündigungsbutton einführen.
Steuer:
Einkommensteuer – Anhebung von Grundfreibetrag
Der steuerliche Grundfreibetrag wird für 2022 angehoben und beträgt 9.984 Euro.
Einkommensteuer – Anhebung der Sachbezugsgrenze
Ab 1. Januar erhöht sich die monatliche steuerfreie Sachbezugsgrenze von 44 auf 50 Euro.
Wegfall von steuerlichen Entlastungen
Zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie wurden zahlreiche steuerliche Maßnahmen getroffen, die nach aktuellem Stand ab 2022 nicht mehr gewährt werden. Das bezieht sich unter anderem auf verfahrensrechtliche Erleichterungen, beispielsweise bei Stundungen, Vollstreckungen oder Ratenzahlungs-vereinbarungen.
- Des Weiteren können Arbeitgeber ihren Beschäftigten (nur) noch bis zum 31. März 2022 Beihilfen und Unterstützungen in Höhe von insgesamt 1.500 Euro steuerfrei gewähren. Voraussetzung ist, dass die Leistungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden.
- Der Höchstbetrag von 1.500 Euro für den Zeitraum 1. März 2020 bis 31. März 2022 bleibt unverändert.
- Die Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld endet für Lohnzahlungszeiträume ab 1. Januar 2022.
Reform des Körperschaftsteuerrechts
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) wird ab 1. Januar erstmals ein steuerliches Optionsmodell zur Körperschaftsteuer eingeführt, das es Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften ermöglicht, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden. Dadurch ergeben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten. Den entsprechenden Gesetzesentwurf finden Sie hier.
Grundsteuer
Im Zuge der Neuregelung der Landesgrundsteuer müssen zum 1. Januar die Bodenrichtwerte von den Gutachterausschüssen neu ermittelt und bis spätestens 30. Juni veröffentlicht werden. Im Laufe des Jahres werden Grundstückseigentümer aufgefordert, eine Steuererklärung abzugeben, voraussichtlich elektronisch über Elster. Möglich ist das wohl ab dem 1. Juli.
Sozialversicherung und Lohnsteuer:
Verschärfte Voraussetzungen für Gutscheine ab 2022
Ab Januar gelten verschärfte Voraussetzungen für Gutscheine und Geldkarten. Bislang sind diese uneingeschränkt und ohne weitere Voraussetzungen begünstigt, sofern sie nur zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen. Ab 2022 müssen Gutscheine und Geldkarten dann zusätzlich die Kriterien des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Demnach fallen folgende Gutscheine und Geldkarten (unabhängig von einer Betragsangabe) unter die Sachzuwendung: Solche, die Nutzer dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aus der eigenen Produktpalette der Ausstellenden zu beziehen. Zudem gelten Gutscheine und Geldkarten als Sachzuwendung, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. Beispiele sind wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel, shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte, ein vom Arbeitgebenden selbst ausgestellter Gutschein wie ein Tankgutschein, RS: HWB-2021-20 3 Karten eines Online-Handels, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus der eigenen Produktpalette berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind, Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und OutletVillages, „City-Cards“, Stadtgutscheine. Wie bereits oben erwähnt trifft die Anhebung der Sachbezugsfreigrenze auch diese Art von Gutscheinen. Die Freigrenze wird ab Januar von 44 auf 50 Euro angehoben.
Neuerungen beim Statusfeststellungsverfahren
Die Feststellung, ob vereinbarte Arbeitsleistungen als selbstständig oder als abhängig anzusehen sind, führt bei Auftraggebern und Auftragnehmern oft zu Unklarheiten. In diesen Fällen kann die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund helfen. Bei diesem Feststellungsverfahren treten ab April vielfältige Änderungen in Kraft. Ziel der Neuerungen ist, für alle Vertragsbeteiligten einfacher und früher Rechts- und Planungssicherheit herzustellen. Künftig entscheidet das Verfahren über den Erwerbsstatus als Teil einer möglichen Sozialversicherungspflicht und nicht mehr über die Versicherungspflicht. Es wird also festgestellt, ob es sich um eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit handelt. Zudem gilt die Beurteilung künftig für das gesamte Auftragsverhältnis. Liegt eine Beschäftigung vor, deren Tätigkeit für einen Dritten erbracht wird, wird auch festgestellt, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Auftraggebenden oder dem Dritten besteht. Auf entsprechenden Antrag kann die Entscheidung auch vor Beginn der Tätigkeit getroffen werden. Weiterhin sind Gruppenfeststellungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Der Mindestlohn steigt
Der gesetzliche Mindestlohn erhöht sich ab Januar von 9,60 Euro auf 9,82 Euro je Zeitstunde. Im Juli folgt die nächste Erhöhung auf 10,45 Euro pro Stunde. Die Veränderung kann sich auf Beschäftigte mit 450-Euro-Verträgen auswirken. Eine mögliche Stundenanpassung sollten betroffene Unternehmen vorab prüfen.
Elektronisches Meldeverfahren bei Arbeitsunfähigkeit
Der „gelbe Schein“ hat bald ausgedient: Um den bürokratischen Aufwand zu minimieren, müssen Krankenkassen ab Juli eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) anbieten. Für Arztpraxen wird das digitale Meldeverfahren bereits im Januar verpflichtend: ab Jahresbeginn müssen Ärzte die eAU an die Krankenkassen übermitteln. Mit dem neuen Gesetz sollen künftig auch Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Frage, ob eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig vorlag, vermieden werden.
Energie, Nachhaltigkeit und Umwelt
Neue Vorgaben beim Elektro- und Elektronikgerätegesetz
Zum Jahresbeginn tritt die im Mai verabschiedete Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes in Kraft. Händler, Onlinehändler, Hersteller und öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müssen ab 1. Januar 2022 neue Vorgaben umsetzen, die die Rückgabe alter oder defekter Elektrogeräte vereinfachen sollen.
So sind etwa künftig auch Lebensmittelmärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern verpflichtet, bis zu drei Kleingeräte kostenlos zurücknehmen – sofern mehrmals im Kalenderjahr Elektro- und Elektronikgeräte angeboten werden. Hier gilt eine Übergangsfrist für die Einrichtung von Rücknahmestellen bis 1. Juli 2022.
Hinzu kommt für Unternehmen eine erweiterte Informationspflicht. Vertreiber müssen durch Schrift- oder Bildtafeln über die Rücknahme informieren. Eine Informationspflicht trifft künftig auch die Hersteller von Geräten, die nicht an private Haushalte gehen.
Auf allen B2B-Geräten muss das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne angebracht werden. Hier greift eine Übergangsfrist bis 1. Januar 2023.
Kosten für EEG-Umlage sinken
Die EEG-Umlage sinkt von 6,5 auf 3,723 ct/kWh. Insgesamt geht die Belastung des Strompreises über alle Umlagen um rund 2,6 ct/kWh oder gut ein Drittel für Vollzahler zurück. Vollzahler müssen 2022 knapp 5 ct/kWh Aufschlag auf ihren Stromverbrauch bezahlen.
Ende der Schätzbefugnis bei Drittstromangrenzungen: Ab dem 1. Januar 2022 gilt bei Abgrenzungen von sog. Drittstrommengen das Messprimat. Schätzungen dürfen nur noch ausnahmsweise zum Einsatz kommen, nämlich wenn eine Messung technisch und/oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist.
Abgrenzung der Stromliefermenge für EEG-Umlage-Privilegien
Unternehmen, die das bisherige Umlage-Privileg des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) weiterhin nutzen möchten, müssen ab Januar die Stromliefermengen an Dritte messtechnisch abgrenzen. Über das EEG wird die bevorzugte Einspeisung und finanzielle Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien geregelt. Die daraus entstandene sogenannte EEG-Umlage ist Teil des Strompreises und muss von allen Letztverbrauchenden, also auch von Unternehmen, bezahlt werden. Unternehmen haben bislang die Möglichkeit, die EEG-Umlage zu senken oder sogar davon befreit zu werden. Dazu können sie entweder die besondere Ausgleichsregelung (BesAR) nutzen oder als Eigenerzeuger eine Vergünstigung erhalten. Ab Januar muss zum Erhalt der EEG-Privilegien eine Strommengenabgrenzung vorgenommen werden. Die privilegierten Strommengen sowie der selbst erzeugte Strom muss daher von Drittverbraucher abgegrenzt werden. Kommt ein Unternehmen dieser Verpflichtung nicht nach, kann es zu einer EEG-Rückerstattung für die letzten zehn Jahre kommen.
C0²-Preis
Der nationale CO²-Preis für fossile Brennstoffe steigt zum 1. Januar 2022 von 25 auf 30 Euro/Tonne.
Verkaufsverbot von Plastiktüten
Der Verkauf von Plastiktüten wird gesetzlich weiter eingeschränkt: Ab Januar dürfen Geschäfte keine Einkaufstüten aus Plastik mehr anbieten. Das Verbot gilt für leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke zwischen 15 und 50 Mikrometern – das entspricht den Kunststofftüten, die derzeit an der Ladenkasse verkauft werden. Ausgenommen vom Verbot sind besonders stabile Mehrweg-Tüten wie beispielsweise Gefriertüten sowie dünne Plastikbeutel aus der Obst- und Gemüseabteilung. RS: HWB-2021-20 4
Erweiterte Pfandpflicht
Auch im Pfandbereich wird der Umweltschutz vorangetrieben. Ab Januar gilt die Pfandpflicht für alle Getränkeflaschen aus Einwegkunststoff sowie auf sämtliche Getränkedosen (Übergangsfrist bis 30.06.2022 für „Altbestände“).
Änderung im Verpackungsgesetz
Ab 1. Januar 2022 besteht für sämtliche Hersteller und Vertreiber von Verpackungen nach § 15 Abs. 1 VerpackG eine Nachweispflicht über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen.
Ab 1. Juli 2022 haben sich alle Hersteller sowie Letztinverkehrbringer von Serviceverpackungen im Verpackungsregister LUCID zu registrieren.
Ab 1. Juli 2022 besteht eine Prüfpflicht für Betreiber von elektronischen Marktplätzen und Fulfillment-Dienstleister bezüglich der Registrierung und Lizenzierung der vertraglich gebundenen Hersteller.
Verordnung über kosmetische Produkte
Ab 1. März 2022 dürfen bestimmte Stoffe in Kosmetika nicht mehr verwendet werden.
Sonstiges:
Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie
Im August endet die gesetzliche Umsetzungsfrist für die Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG). Die Richtlinie dient insgesamt dem Zweck, durch den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen europaweit grenzüberschreitend zu vereinfachen. So sollen diese Verfahren im Hinblick auf Zeit und Kosten effizienter gestaltet werden. Dazu enthält die Richtlinie eine Reihe von Regelungen, die teilweise grundlegende Änderungen im System des deutschen Registerwesens zur Folge haben. Dies betrifft insbesondere die Verpflichtung zur Einführung der Online-Gründung der GmbH, zu Online-Verfahren bei Registeranmeldungen für Kapitalgesellschaften und Zweigniederlassungen, zur Einreichung und Offenlegung von Urkunden und Informationen im Handels- und Unternehmensregister sowie zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über das Europäische System der Registervernetzung.
Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie
Bereits zum Ende des Jahres muss Deutschland die Whistleblowing-Richtlinie umsetzen, von der Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden betroffen sind. Bis zum 17. Dezember 2021 müssen Arbeitgeber Kanäle bereitstellen, über die Verstöße gegen nationales und EU-Recht gemeldet werden können. Ziel der Richtlinie ist es, Verstöße aufzudecken und Hinweisgeber vor zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlichen oder internen Konsequenzen zu schützen.