28.10.2020

Wer wird nächstes Stadtoberhaupt von Stuttgart? – Marian Schreier im Interview

Die Landeshauptstadt Stuttgart bekommt ein neues Stadtoberhaupt – am 8. November wird gewählt. Zur Wahl stehen 17 Kandidatinnen und Kandidaten. Wir stellen die aussichtsreichsten von ihnen im Kurzinterview vor. Heute: Marian Schreier.

Was treibt Sie an, OB von Stuttgart werden zu wollen?

Marian Schreier: Zum einen ist Stuttgart meine Heimatstadt, hier bin ich geboren und aufgewachsen, meine Familie und viele Freunde leben dort. Kurzum: Ich habe eine enge persönliche Verbindung zur Stadt.

Zum anderen: Stuttgart ist eine unglaublich lebenswerte Stadt - dörfliche Außenbezirke und lebendige City, wirtschaftlich stark und um sozialen Ausgleich bemüht, Hochkultur und Clubszene. Doch in den letzten Jahren sind diese Facetten immer mehr in den Hintergrund getreten: Feinstaub, Stau, der Streit um Stuttgart 21 – all das, was nicht funktioniert, prägt das öffentliche Bild unserer Stadt. Und viele Bürgerinnen und Bürger haben zurecht den Eindruck, dass sich in den letzten Jahren viel zu wenig bewegt hat. Sei es bei den großen Themen der Stadt – Wohnen, Verkehr, Klima, Digitalisierung – aber auch bei Alltagsproblemen wie dem Müll im Schlossgarten oder der Kfz-Zulassungsstelle. Diesen Stillstand will ich beenden. 

Was wollen Sie als OB für den Handel in der Stuttgarter City tun?

Marian Schreier: Diese Frage sollte in meinen Augen nicht nur für die City, sondern auch mit Blick auf die Stadtteilzentren betrachtet werden. 
Die Attraktivität der City und der Stadtteilzentren hängt ganz wesentlich von einem vielfältigen Einzelhandel, einer gut aufgestellten Gastronomie, einem breiten Kulturangebot und Veranstaltungen im öffentlichen Raum ab. Durch die Corona-Krise sind diese Akteure massiv unter Druck geraten. Das birgt die Gefahr, dass schon bestehende Entwicklungen verschärft werden: Die Verdrängung lokal gewachsener Betriebe in der City durch internationale Großkonzerne, zunehmender Leerstand, Fluktuation und die Zunahme von Spielhallen und Billiganbietern in den Stadtteilzentren. Klar ist: Die Herausforderungen und Bedürfnisse in der City sind andere als in den Stadtbezirken. Und was in einem Stadtteilzentrum den örtlichen Händlern hilft, ist andernorts vielleicht nicht das Mittel der Wahl. Anstatt ein pauschales Programm für das gesamte Stadtgebiet aufzulegen, braucht es daher Lösungen, die der Vielfalt im Stadtgebiet Rechnung tragen. Die Stadt soll deshalb einen „Pakt für eine lebendige City und Stadtteilzentren“ auf den Weg bringen.

Der „Pakt für eine lebendige City und Stadtteilzentren“ wird als kurzfristiges Format umgesetzt, in dem Händler, Gastronomie, Hotellerie, Beschäftigtenvertreter, Eigentümer, Bezirksbeiräte und Stadtverwaltung zusammenkommen, um Unterstützungsmaßnahmen für die Stuttgarter City bzw. die Stadtteilzentren zu entwickeln. Die Stadt stellt ein Budget zur Verfügung und die Mitglieder des Paktes entscheiden zusammen mit der Stadtverwaltung ,was vor Ort umgesetzt wird. Dabei sollen möglichst unterschiedliche Maßnahmen gefördert werden können, von Mietkostenzuschüssen bis zu verkaufsoffenen Sonntagen. Der Pakt baut - wo möglich - auf bestehenden Strukturen auf, wie z.B. der Vernetzung im Rahmen des Programms „Stadtteilzentren konkret“ oder den Arbeitskreisen der City-Initiative Stuttgart e.V. So können statt pauschaler Unterstützungsleistungen Lösungen entwickelt werden, die zu den unterschiedlichen Herausforderungen in der City und den verschiedenen Stadtteilzentren passen. Und die Akteure vor Ort entscheiden selbst, wie die Hilfsmaßnahmen ausgestaltet werden.

Weiter möchte einen Gedanken aufgreifen, der während der Corona-Krise in zahlreichen #supportyourlocal-Aufrufen gegenwärtig war: Die Unterstützung der Unternehmen vor Ort. Ich möchte, dass wir einen größeren Teil der Wertschöpfung in Stuttgart binden. Dafür soll die Stadt gemeinsam mit Anker-Institutionen - also große Einrichtungen wie zum Beispiel Landesministerien, Universitäten und Hochschulen, Kliniken, Kirchen, die Landespolizei oder das Regierungspräsidium - eine Initiative zur Stärkung der regionalen Wirtschaft auf den Weg bringen. Konkret: Wenn diese Organisationen Aufträge vergeben, sollen künftig lokale Unternehmen noch stärker berücksichtigt werden.  

Wie wollen Sie als OB die Innenstadt von Stuttgart weiter aufwerten?

Marian Schreier: Um unsere Innenstadt bzw. die Stadtteilzentren lebendig zu halten, müssen wir erstens eine aktive Liegenschaftspolitik betreiben und als Stadt auch mehr Grundstücke und Gebäude selbst zu erwerben. Nur so kann es aus meiner Sicht gelingen, Mieten abzusenken und auch kreativen Nutzungskonzepten Raum zu verschaffen.   

Zweitens möchte ich die Aufenthaltsqualität der öffentlichen Orte in der Innenstadt erhöhen. Das gelingt vor allem durch mehr Grün und Wasser in der Stadt sowie eine verbesserte Sauberkeit. Ich möchte das Programm “Sauberes Stuttgart” weiterentwickeln und zusätzlich - u.a. dem Beispiel Wien und Hamburgs folgend -“Waste Watcher” einstellen. “Waste Watcher” sind Teil des städtischen Vollzugsdienstes und kontrollieren ausschließlich das achtlose Wegwerfen und Liegenlassen von Müll.

Drittens ist aus meiner Sicht ein ganzheitliches Verkehrskonzept wichtig, damit wir das verkehrspolitische Stückwerk der vergangenen Jahre beenden und die Stadt für alle besser erreichbar machen. 

Hier gibt es mehr Informationen zu Marian Schreier.
 

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