30.06.2020

Mehrwertsteuersenkung: Verband rechnet mit Stimulierung der Wirtschaft durch mehr privaten Konsum

Angesichts der am 1. Juli in Kraft tretenden Mehrwertsteuersenkung rechnet der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) mit mehr privatem Konsum in den Einzelhandelsgeschäften – und dadurch mit einer kräftigen Stimulierung der heimischen Wirtschaft. „Die Mehrwertsteuersenkung, die wir als Verband begrüßen, wird die Umsätze im Einzelhandel kräftig ankurbeln“, sagt HBW-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Der Verband geht davon aus, dass die überwiegende Mehrzahl der Geschäfte die Steuersenkung direkt oder durch seine aktuellen, zahlreichen Rabattaktionen an die Kunden weiterreichen werde. Eine immer wieder diskutierte Selbstverpflichtung der Händler zur Weitergabe der Steuersenkung an die Verbraucher lehnt der HBW jedoch ab.

„Im Einzelhandel herrscht ein starker Wettbewerb, außerdem sind die Verbraucher enorm preissensibel“, sagt HBW-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann, und weiter: „Das zusammengenommen wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass viele Preise im Einzelhandel durch die Mehrwertsteuersenkung oder durch gezielte Rabattaktionen fallen werden.“ Eine immer wieder diskutierte Selbstverpflichtung der Händler zur Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Kunden sei deshalb unlogisch.

Die Senkung der Mehrwertsteuer habe in der Öffentlichkeit – vor allem mit Blick auf den Einzelhandel – für großes Aufsehen gesorgt. Im Handel selbst, so Hagmann, stellten – wie eine exklusive Umfrage unter mehr als 400 Mitgliedern des HBW zeige – die mit der Mehrwertsteuer-Senkung zusammenhängenden Prozesskosten und Aufwände für die technische und physische Umstellung jedoch eine sehr große Herausforderung dar. Dies habe – gerade weil die Senkung nur für 6 Monate vorgesehen sei – von Beginn an teilweise für Kritik gesorgt. Daher sehen auch zahlreiche Unternehmen davon ab, das ganze Sortiment umzuzeichnen. Der Handelsverband Deutschland HDE hatte daher auch mit dem Bundesministerium für Verbraucherschutz und Justiz geklärt, dass ein entsprechender Abzug an der Kasse den rechtlichen Anforderungen genüge und zulässig sei. Andere wichtige Bereiche, die kurzfristig umgestellt und angepasst werden müssten, sind unter anderem das Warenwirtschaftssystem, das Kassensystem und die Verwaltung und Buchhaltung. „All dies ist durch die Unternehmen und die mit ihnen zusammenarbeitenden Dienstleistern nicht einfach umzusetzen und erzeugt erhebliche zusätzliche Kosten für die Unternehmen“, so Hagmann.

„So habe ein Lebensmittel-Supermarkt rund 15.000 Artikel, ein traditionelles Haushaltswaren- und Lifestyle-Geschäft bis zu 400.000 Artikel im Verkauf. „Wenn nun alle Produkte umgezeichnet werden und dies in hunderten Filialen, dann kostet dies einen Konzern bereits mehrere Millionen Euro.“

Zum Hintergrund: Mit mehr als 50 Prozent am Bruttoinlandsprodukt ist der private Konsum die stärkste Kraft der Binnenwirtschaft. Am Konsum der privaten Haushalte hat der Einzelhandel jedoch nur einen Anteil von 31 Prozent. Kaufkraftstärkende Maßnahmen seitens der Bundesregierung sind deshalb wichtig und sinnvoll, um die heimische Wirtschaft anzukurbeln.

Der HBW macht auch darauf aufmerksam, was die Mehrwertsteuersenkung für die Verbraucher tatsächlich bedeutet: Bei der Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent entspricht das mathematisch nicht einem Rabatt von 3 sondern nur von rund 2,5 Prozent. Bei der Steuersenkung von 7 auf 5 Prozent bedeute dies eine mathematische Senkung von knapp 1,8 Prozent. Daher bewegen sich die Einsparungen für Alltagseinkäufe wie Brot, Butter, Milch und Käse nur im Cent-Bereich.

Nach der temporären Zwangsschließung durch die Corona-Krise, die bei den Händlern für einen Umsatzeinbruch von bis zu 100 Prozent gesorgt hat, kommen durch Umsetzung der Mehrwertsteuersenkung und der erneuten Mehrwertsteuererhöhung sechs Monate später wieder enorme Kosten auf den Handel zu“, sagt Hagmann.
Trotz dieser weiteren Sonderbelastung hätten aber viele Handelsunternehmen mitgeteilt, dass sie die Prozente weitergeben.

Jetzt hoffe der Handel darauf, dass die Verbraucher das großzügige Konjunkturprogramm der Bundesregierung honorieren und im Handel zusätzliche Einkäufe tätigen, so der Verband. Schön wäre es daher auch, wenn der Corona-Bonus von 300,- Euro pro Kind zur weiteren zusätzlichen Konsumsteigerung eingesetzt werden würde.

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